Frühkindliche Bildung in Europa: Wie Deutschland im Vergleich dasteht

Laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat besuchten im Jahr 2023 rund 94,6 % aller Kinder im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung (Kindergartenalter) in der EU eine frühkindliche Bildungseinrichtung. Damit ist ein Teilziel der European Education Area 2030 fast erreicht. Angestrebt wird als Benchmark 96 % in der EU. Deutschland lag mit 95,3 % leicht unter dem Zielwert, aber knapp über dem EU-Durchschnitt (vgl. frühkindliche Betreuung: Quoten Region München hier).

Frühkindliche Bildung insgesamt: große Unterschiede zwischen den Ländern

Wird nicht nur das Kindergartenalter, sondern der gesamte Zeitraum von der Geburt bis zum Schuleintritt betrachtet, zeigen sich größere strukturelle Unterschiede zwischen den Ländern. Im EU-Durchschnitt befanden sich 60 % der unter Sechsjährigen in einer Betreuungsform. Deutschland lag mit knapp 70 % deutlich darüber.

Spitzenreiter sind Länder wie Luxemburg (82 %), Dänemark (76 %), Norwegen (79 %) und Spanien, die alle über 70 % kommen. Diese Quoten zeigen: Je nach nationalem Systemverständnis beginnt frühkindliche Bildung früher – oder bleibt zunächst Betreuung.

Bildung oder Betreuung? Integrierte und getrennte Systeme im Vergleich

Die europäischen Staaten verfolgen unterschiedliche Modelle: In integrierten Systemen wird frühkindliche Bildung von Anfang an als Bildung verstanden – unabhängig vom Alter des Kindes. Die Krippe ist dort nicht nur eine Betreuungsform, sondern der erste pädagogische Abschnitt. Hierzu zählen unter anderem Schweden, Dänemark, Luxemburg – und auch Deutschland.

In diesen Ländern sind die Angebote meist staatlich organisiert und finanziell gefördert. Der Zugang ist in der Regel unabhängig vom sozialen Hintergrund. Die pädagogische Arbeit beginnt früh: Im Fokus stehen Sprachförderung, soziale Fähigkeiten und Spiel als Lernform. So kann früh auf Chancengleichheit hingewirkt werden – gerade für Kinder, die zuhause weniger Förderung erfahren.

Demgegenüber stehen getrennte Systeme, in denen Bildung erst ab dem dritten Lebensjahr ansetzt. Die Zeit davor ist vorrangig betreuungsorientiert. Länder wie Frankreich, Italien, die Niederlande oder Tschechien bieten zwar flächendeckende Kindergartenplätze an, verfügen aber über keine oder kaum Krippenbetreuung. Hier bleibt es Eltern überlassen, wie sie die ersten drei Jahre überbrücken – mit potenziellen Nachteilen für die Kinder in Hinblick auf Sprachentwicklung, Selbstständigkeit und soziales Verhalten.

Vereinbarkeit und Fachkräftesicherung

Ein integriertes System wirkt sich nicht nur auf die Bildungschancen aus – es verbessert auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist in Zeiten des Fachkräftemangels ein zunehmend wichtiger Faktor für Arbeitsmarktpolitik und Gleichstellung.

Trägerstrukturen im europäischen Vergleich

Eurostat unterscheidet zwischen öffentlichen, regierungsabhängigen privaten und unabhängigen privaten Trägern. In vielen EU-Staaten, insbesondere in den Nachbarländern Deutschlands, werden frühkindliche Einrichtungen überwiegend durch öffentliche Stellen betrieben – der Anteil liegt bei durchschnittlich 73 %. Nur wenige Länder wie Luxemburg oder die Türkei überlassen die Betreuung hauptsächlich privaten Trägern.

Träger in europäischen Lander von Kinderbetreuungseinrichtungen

Quelle: Eurostat 2025; eigene Auswertung